Die Ledergerbung ist der entscheidende Schritt in der Lederherstellung, der die rohe, verderbliche Tierhaut konserviert, in widerstandsfähiges Leder verwandelt und ihr Flexibilität und einen angenehmen Griff verleiht. Für diese Verwandlung gibt es unterschiedliche Verfahren. Dazu zählen die sogenannte "echte Gerbung", zu der die vegetabile Ledergerbung und die Chromgerbung zählen. Die Alaungerbung und Trangerbung beispielsweise werden der "unechten Gerbung" zugeordnet.
Die häufigsten Gerbarten sind die Chromgerbung und die vegetabile Ledergerbung, die auch oft miteinander oder mit der sogenannten synthetischen Ledergerbung kombiniert werden.
Während des Gerbens wird die Tierhaut durch die Zugabe verschiedener Prozesschemikalien zum widerstandsfähigeren und weniger verderblichen Rohleder. Das gegerbte Leder wird im späteren Herstellungsprozess zum Beispiel in der Bekleidungs- oder Autoindustrie verarbeitet.
Durch die Hauptgerbung wird das Leder in erster Linie haltbar gemacht. Weitere wünschenswerte Merkmale, wie eine besondere Weichheit, Färbbarkeit und Narbenfestigkeit, werden dem bereits gegerbten Leder durch die Nachgerbung hinzugefügt.
Es gibt eine Vielzahl an Gerbverfahren, die teilweise sehr alt sind. Nicht alle eignen sich für den industriellen Einsatz. Die wichtigsten Gerbarten lassen sich grob in die "echten Gerbung" und "unechten Gerbung" einteilen.
Die Hautfasern und Gerbstoffe gehen während des Gerbens eine irreversible, also dauerhafte Bindung ein. Das Leder wird durch die echte Gerbung besonders widerstandsfähig.
Zwischen Leder und Gerbstoffen entsteht bei diesen Arten des Gerbens eine instabile Verbindung, die durch Umwelteinflüsse wie Hitze oder Feuchtigkeit leicht gestört werden kann.
Die Chromgerbung ist nach wie vor die häufigste, weil zeitsparendste Methode zum Gerben von Leder und laut Andreas Meyer, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Lederindustrie e.V., gar nicht mal so schlecht, wie ihr Ruf.
"Viele Menschen haben Angst vor chromgegerbtem Leder, weil man ihm nachsagt, dass es schädlich für unsere Gesundheit wäre", erklärt er, "doch tatsächlich gibt es keine Statistiken, die dies untermauern."
Chrom 6 sei zwar in flüssiger und Gasform hochgiftig und sollte niemals eingeatmet oder verschluckt werden, durch die vorschriftsgemäße Verarbeitung mit entsprechenden Reduktionsmitteln, die in deutschen Gerbereien ausschließlich stattfindet, würde es jedoch in Chrom 3 umgewandelt. "Wer auf in deutschen Gerbereien behandeltes Leder empfindlich reagiert, hat entweder eine Chrom- oder eine Lederallergie", so Meyer. Für die Gesundheit sei das Leder aber sicher ungefährlich.
Die vegetabile Ledergerbung kommt zwar ohne Chemikalien aus, dafür ist die Chromgerbung wesentlich effektiver und zeitsparender als die pflanzliche Gerbung. "Deshalb ist die Chromgerbung, entgegen ihrem Ruf, teilweise sogar umweltschonender als die pflanzliche", gibt Andreas Meyer zu denken. Die wesentlich aufwendigere vegetabile Ledergerbung verbrauche, dem Experten zufolge, sehr viel Energie und um die von den Verbrauchern gewünschten Leder-Eigenschaften wie einen weichen Griff und UV-Beständigkeit zu erreichen, müsse in der Nachgerbung am Ende oft doch noch Chrom eingesetzt werden. "Deutsche Gerber arbeiten mittlerweile mit so guter Abwassertechnik, dass die Chromgerbung der vegetabilen Gerbung in Sachen Nachhaltigkeit durchaus das Wasser reichen kann", so Meyer.
Nicht nur die Gerbverfahren, auch die Herkunft der Häute, die zu gegerbtem Leder verarbeitet werden, spielen eine Rolle. Ein Großteil der von deutschen Gerbern verarbeiteten Häute ist europäischer Herkunft. Südeuropäische Stierhäute eignen sich, laut Meyer, aufgrund ihrer Großflächigkeit besonders für die Verarbeitung in der Möbel- oder Autoindustrie. Norddeutsche Bullenhäute sind beliebt für Accessoires und die Bekleidungsindustrie. "Bei unseren deutschen Betrieben kann die Rückverfolgung zur Schlachterei immer garantiert werden", verspricht Andreas Meyer. Damit weiß man immer genau, wo die verarbeitete Tierhaut herkommt. Dies ist bei ausländischen Betrieben natürlich nicht immer der Fall.
Wer Wert auf Nachhaltigkeit, faire Arbeitsbedingungen, Tierwohl und Qualität legt, bekommt bei deutschen Gerbern nach hohen Standards gegerbtes Leder, das unseren Gesundheitsstandards und unseren Ansprüchen an Hochwertigkeit und Langlebigkeit entspricht.
"Der Beruf des Gerbers hat hierzulande einen anrüchigen Ruf", bedauert Andreas Meyer, "die meisten jungen Menschen setzen sich lieber hinter einen Schreibtisch."
Doch es ist ein traditionsreiches Handwerk das oft innerhalb der Familie weitergegeben wird. Auffällig ist: Es gibt wenige Berufsabbrecher. "Wer einmal mit der Gerberei anfängt, hört nicht mehr auf, lacht Meyer, "das will doch etwas heißen!"
In Deutschland unterliegt das Gerbverfahren strengen Auflagen, die Tier und Mensch schützen und die Qualität des Leders sichern. "Diese Auflagen sind wichtig", erklärt Meyer, " doch sie zu erfüllen ist für kleinere (Familien-)unternehmen beinahe unmöglich geworden." Deshalb schließen sich die Gerber häufig zu größeren Verbänden zusammen. Heute gibt es in Deutschland noch circa zwölf größere Gerbereien mit über 50 Mitarbeitern. Um billiger produzieren zu können, lassen viele Firmen ihr Leder im Ausland gerben. Deutsche Gerber können allerdings in der Regel eine bessere Qualität und Umweltstandards garantieren. Deshalb lohnt sich die Investition in Lederprodukte, die in Deutschland oder Europa gegerbt wurden.